„Hoher Kittel-Brenn-Faktor bei Arbeitskräftemangel“

FDP informiert über neues Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Bei ihrer neuen Veranstaltungsreihe „Forum Liberal Spezial“ hatte die Kreis-FDP die Innenpolitikerin Ann-Veruschka Jurisch zu Gast. Die Bundestagsabgeordnete ist eng in die Verhandlungen um das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz eingebunden und berichtete den zahlreichen Besuchern aus Unternehmen und Einrichtungen aus der Schramberger Region über das Reformprojekt.

In seiner Begrüßung verwies der FDP-Kreisvorsitzende Daniel Karrais auf den hohen „Kittel-Brenn-Faktor“ in Sachen Fach- und Arbeitskräftegewinnung für die Unternehmen im ländlichen Raum. „Fast alle Unternehmen sehen in der schleppenden Besetzung von Stellen ein Wachstumshemmnis“, berichtete er aus seinen Erfahrungen. Dies bestätigte Gastgeber Joachim Glatthaar, der das „Schwimmende Haus“ als Veranstaltungsort zur Verfügung stellte.

Jurisch ging in ihrem Impuls auf die Ausgangslage ein: „Seit Jahrzehnten fordert die FDP ein modernes Einwanderungsrecht. Jetzt wird es umfassend modernisiert“. Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz setze laut der Juristin auf drei Säulen und senke insgesamt die Hürden.

Für anerkannte Fachkräfte werde die Blue Card weiterentwickelt und die Gehaltsschwellen massiv abgesenkt, sodass dieser attraktive europäische Aufenthaltstitel für mehr Menschen und Unternehmen nutzbar sei. Auch werde sie für Fachkräfte flexibilisiert, in welchem Job sie in Deutschland arbeiten dürfen – nunmehr könnten sie jeden qualifizierten Beruf wählen, ungeachtet der Ausbildung, die sie mitbringen. Das vereinfache für die Hochqualifizierten in Deutschland vieles und bilde die wechselhaften Lebensrealitäten der Menschen adäquat ab.

Die zweite Säule sei die „Erfahrungssäule“. Dass Berufserfahrung im großen Stil, und nicht mehr nur bei IT-Fachkräften, honoriert wird, sei ein Novum für das deutsche Einwanderungsrecht. Anstelle der sonst immer erforderlichen Anerkennung der ausländischen Qualifikation, die auch weiterhin erforderlich ist und der eine mindestens zweijährige Ausbildung zu Grunde liegen muss, würde nun insbesondere die Berufserfahrung gewürdigt. „Endlich gehen wir mit Einwanderern wertschätzend um und sagen ihnen, dass wir ihre Leistung im Ausland wahrnehmen. Und wir übertragen dem Arbeitgeber die Entscheidung, ob die Person kann, was im Unternehmen gebraucht wird – auch ohne Anerkennung,“ so Jurisch.

Besonderen Wert legte die Abgeordnete auf das erstmalig eingeführte Punktesystem nach kanadischem Vorbild. In diesem würden für vom Gesetzgeber vorgegebene Kriterien Punkte verteilt, die je nach Bedarf am Arbeitsmarkt flexibel angepasst werden können. Die sogenannte Chancenkarte erlaube es, für ein Jahr in Deutschland einen Job zu suchen. Wer die Kriterien des sonstigen Aufenthaltsrechts nicht erfüllt, insbesondere zum Beispiel weder eine Anerkennung seiner Ausbildung vornehmen lassen konnte noch eine zweijährige Berufserfahrung vorweisen kann, könne mit der Chancenkarte zusätzlich zwei Jahre lang in Deutschland arbeiten und die Voraussetzungen für den Übergang in das sonstige Aufenthaltsrecht schaffen. „Diese Erweiterung der Chancenkarte war für uns Freie Demokraten einer der wichtigsten Punkte in den Verhandlungen. Wer über die Chancenkarte einwandert, der muss in jedem Fall – wie in Kanada – die Möglichkeit haben, auch zu bleiben!“, so Jurisch. Wie bei jeder Einwanderung sei auch in der Chancenkarte nachzuweisen, dass die Person in der Lage ist, den eigenen Lebensunterhalt zu sichern. „Eine Einwanderung in die Sozialsysteme gibt es damit nicht“, entkräftete Jurisch die Sorge mancher.

Mit den Regeln hoffe die Regierung, so Jurisch, dass jährlich 50.000 neue Arbeitskräfte ins Land kommen.

In der anschließenden Diskussion mit Vertretern namhafter großer Schramberger Unternehmer ging es um Detailfragen zum neuen Gesetz. Jurisch informierte umfassend, zeigte sich aber auch dankbar für gute Anregungen.